In dem nachfolgenden Artikel möchten wir Ihnen einen Überblick über die Einbindung der Pflege in die Telematikinfrastruktur geben. In diesem Zusammenhang finden Sie Erläuterungen zum Begriff der Telematikinfrastruktur sowie Informationen zum Modellprogramm nach § 125 SGB XI.
Was ist die Telematikinfrastruktur?
Mit dem Begriff Telematikinfrastruktur wird das Gerüst oder Netz bezeichnet, das die Grundlage für den digitalen Datenaustausch zwischen allen relevanten Akteuren des Gesundheits- und Pflegewesens darstellt. Den Auftrag für die Entwicklung, Betrieb und Weiterentwicklung der Telematikinfrastruktur erhielt die gematik GmbH, deren Gesellschafter sich aus den Spitzenorganisationen des deutschen Gesundheitswesens zusammensetzen. Die gesetzliche Grundlage zur konkreten Ausgestaltung bilden verschiedene Regelungen wie das „Digitale-Versorgung-Gesetz“, das „Patientendaten-Schutz-Gesetz“ und das „Digitale-Versorgung-Pflege-Modernisierungs-Gesetz“.
Vorteile durch Digitalisierung
Die Vorteile einer größeren digitalen Vernetzung sind vielfältig. Der verbesserte und erleichterte Informationsaustausch zwischen den verschiedenen behandelnden Ärzt*innen, Therapeut*innen, Pflegekräften und weiteren an der Versorgung beteiligter Personen und Einrichtungen stärken die Qualität der Versorgung. Wichtige Informationen, wie z. B. Notfalldaten oder Medikamentenpläne wären in Notsituationen schnell abrufbar.
Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass diese sensiblen Gesundheitsdaten ausreichend geschützt sind und nicht von Unbefugten eingesehen werden können. Die Telematikinfrastruktur wurde in diesem Zusammenhang vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik in die Sicherheitsstufe E, der höchsten in Deutschland, eingruppiert. Ein Zugriff auf Patient*innendaten bedingt demnach die vorherige Einwilligung des oder der Versicherten und kann in der Folge nur von autorisierten Einrichtungen und deren Mitarbeiter*innen mit speziellen Berechtigungsnachweisen durchgeführt werden. Erste Etappen auf dem Weg zu einer vollständigen Vernetzung wurden bereits erreicht. Seit dem Jahr 2021 kann in Deutschland die Elektronische Patientenakte (EPA) genutzt werden und ab dem Jahr 2022 soll es dann möglich sein, ein digitales Rezept (E-Rezept) von Ärzt*innen zu erhalten.
Digitalisierung in der Langzeitpflege
Gleichwohl ist die Einbindung der Langzeitpflege in die Telematikinfrastruktur bislang noch nicht weit genug fortgeschritten. Dabei werden die Vorteile eines höheren Digitalisierungsgrades auch hier dringend gebraucht. Komplexe Herausforderungen wie eine Zunahme von älteren pflegebedürftigen Menschen, ein ausgeprägter Fachpflegekräftemangel sowie umfangreiche Dokumentationspflichten in der pflegerischen Versorgung machen intelligente und effiziente digitale Lösungen notwendig. Eine verbesserte digitale Vernetzung könnte die Pflegekräfte beispielsweise durch eine papierlose Dokumentation und Überleitung entlasten und mehr Zeit für die Versorgung Pflegebedürftiger ermöglichen. Darüber hinaus hätten Pflegeeinrichtungen die Möglichkeit, Abrechnungsprozesse mit den jeweiligen Kostenträgern effizienter zu gestalten.
Im Zeitraum der Jahre 2020 – 2024 wird gem. § 125 SGB XI ein wissenschaftlich begleitetes Modellprogramm durchgeführt, um die Einbindung der Langzeitpflege in die Telematikinfrastruktur zu erproben.
Inhalte des Modellprogramms
Das Modellprogramm wird darüber hinaus durch einen Beirat begleitet, in den Baden-Württemberg als Ländervertreter berufen wurde. Schwerpunkte der Arbeit im Beirat sind u. a. die Beobachtung des Verlaufes des Modellprogramms, aber auch der Einsatz für eine Berücksichtigung von wichtigen Themen wie der papierlosen Leistungsabrechnung bei der Umsetzung der Modelle.
Interessierte ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen und weitere Beteiligte konnten sich für eine Förderung aus dem Fördertopf von insgesamt 10 Millionen € bewerben. Als förderungsfähige Maßnahmen kommen Personal- und Sachkosten in Betracht, die zum einen der Einbindung in die Telematikinfrastruktur dienen und zum anderen Konzeptentwicklungen, Maßnahmen der Organisationsentwicklung oder Qualifizierungsmaßnahmen zum Ziel haben.
Nach einer digitalen Auftaktveranstaltung im Mai 2021 sind nun die ersten Projekte gestartet. Aus Baden-Württemberg nehmen insgesamt 14 Einrichtungen teil.
Digitalisierungsvorhaben wie die Einbindung von Einrichtungen der Langzeitpflege in die Telematikinfrastruktur können gemäß § 8 Abs. 8 SGB XI auch unabhängig von dem Modellprogramm bis zum Jahr 2023 finanziell gefördert werden. Es können anteilig bis zu 40% der Kosten übernommen werden, wobei der Zuschuss maximal 12.000€ beträgt.
Stimmen aus der Praxis
Die gematik GmbH fasst die Erwartungen und bisherigen Erfahrungen wie folgt zusammen:
„Erfreulich aus Sicht der gematik ist, dass das Angebot zur Teilnahme am Modellprogramm auf ein äußerst großes Interesse bei den Pflegeverbänden und ihren Einrichtungen gestoßen ist. Wir erhoffen uns durch das Modellvorhaben, die Bekanntheit und damit auch die Akzeptanz der angebotenen Anwendungen der Telematikinfrastruktur im Pflegebereich zu erhöhen. Außerdem sollen die ersten Praxiserfahrungen aus den teilnehmenden Einrichtungen auch dafür genutzt werden, das Angebot der gematik noch besser auf die Zielgruppe der Pflegenden bzw. Pflegebedürftigen auszurichten.“
gematik GmbH, Berlin
Die Samariterstiftung nimmt mit zwei Einrichtungen (Haus im Park Dettenhausen & Samariterstift Aalen) aus Baden-Württemberg am Modellprogramm teil. Als Projektleiterin TI begleitet Nadine Treff die Einbindung in die Telematikinfrastruktur und berichtet Folgendes von den bisherigen Erfahrungen:
„Die technische Umsetzung der Einbindung in die Telematikinfrastruktur in den Einrichtungen war herausfordernd. Es zeigte sich, dass bereits vorhandene Erfahrungen im Hinblick auf die Einbindung von Krankenhäusern nicht ohne Weiteres auf die Pflegeeinrichtungen übertragen werden konnten. Mit Hilfe der hausinternen IT-Abteilung und der Unterstützung des Softwarepartners ist dies nun aber gelungen.
In der nächsten Zeit wird sich zeigen, wie die Kommunikation im Medizinwesen (KIM) mit Ärzten und Apotheken funktioniert und welche der Akteure bereits ebenfalls in die Telematikinfrastruktur eingebunden sind. Zukünftig möchten wir hier einen schnellen Austausch von Dokumenten wie dem Medikamentenplan und dem E – Rezept testen und etablieren.
Perspektivisch haben wir darüber hinaus die Erwartung, dass auch Themen wie die papierlose Leistungsabrechnung mit der Telematikinfrastruktur diskutiert werden.“
Nadine Treff, Projektleitung TI Samariterstiftung
Ein ausführlicheres Interview mit Frau Treff können Sie unter dem nachfolgenden Link lesen.
https://www.pflegedigital-bw.de/de/interview-mit-nadine-treff-samariterstiftung/
Leitfäden und Informationsmaterialien
Die gematik stellt umfangreiche Informationsmaterialien und Leitfäden zur Telematikinfrastruktur bereit.
Über die nachfolgenden Links können Sie auf die Dokumente zugreifen.
Atlas zur Telematikinfrastruktur
https://www.pflegedigital-bw.de/de/download/atlas-zur-telematikinfrastruktur/
Onboardingcheckliste für Pflegeeinrichtungen
Sie haben in Ihrer Einrichtung bereits erste Schritte zur Einbindung in die Telematikinfrastruktur unternommen? Nehmen Sie gerne Kontakt auf und berichten uns von Ihren Erfahrungen.
Wir stehen Ihnen jederzeit für Fragen zur Verfügung und helfen Ihnen gerne weiter.